Karriere hier, Karriere da

Bevor ich mich – wie eigentlich schon angekündigt – zu Frau Gegier Steiners „artgerechter Haltung“ von Jungs näher äußere, möchte ich Euch an einem kleinen sprachlichen Aha-Erlebnis teilhaben lassen.

Gestern habe ich die Infobroschüre eines Fernstudien-Anbieters durchgeblättert. Das Angebot, das mich inhaltlich am meisten angesprochen hat, habe ich genauer durchgelesen. Dabei wunderte ich mich darüber, dass ich innerlich so voller Zurückhaltung und Skepsis war, obwohl ich das Gelesene wirklich interessant fand.

Schlagartig ging mir ein Licht auf!

Für mich ist Weiterbildung ein Teil meiner Persönlichkeitsentwicklung. Sollte ich ein Fernstudium beginnen, dann wäre mein Hauptziel, meine Fähigkeiten und Fertigkeiten weiter auszubauen und meine Interessen motiviert ausleben zu dürfen. Ich will, dass die Weiterentwicklung meiner Persönlichkeit sich in meiner beruflichen Weiterentwicklung spiegelt. In der Broschüre wurde jedoch auf jeder zweiten Seite mit Karriere-Chancen geworben. Karriermöglichkeit hier, Karrieresprung da. Karriere, Karriere, Karriere, bla, bla, bla.

Das hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber ich will keine Karriere. Was ich anstrebe, ist ein Werdegang.

Karriere? Werdegang? Was, bitte schön, soll denn da der Unterschied sein, außer dass Werdegang ein altmodisches Wort ist – fragt Ihr Euch womöglich.

Ich kann es Euch sagen:

Der Begriff Karriere ist überfrachtet von den Vorstellungen anderer. Hier stecken Ziele und Motive, die uns die Gesellschaft im Allgemeinen und unser engeres soziales Umfeld im Konkreten einpflanzen. In einer Karriere verwirklichen wir die Ziele anderer, die unseren eigenen nur eventuell entsprechen. Machen wir Karriere, dann leben wir nach Vorstellungen, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit unhinterfragt von außen übernommen haben.

Ein Werdegang dagegen ist für mich der Inbegriff eines Gangs hin zu dem was wir im tiefsten Inneren werden wollen. Das Risiko ist groß, dass wir gar nicht wissen, was wir wollen und deshalb so oft stolpern und stocken, dass wir der Einfachheit halber den holprigen, im Nebel liegenden Werdegang meiden und uns auf schön definierte Karriereziele konzentrieren.

Ich persönlich habe beschlossen, mir lieber die Mühe zu machen, meine persönlichen und teilweise noch verschwommenen Ziele schrittweise aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche zu holen, als mir hartnäckig einzureden, der von anderen vordefinierte Weg entspräche meinen eigenen Lebenszielen. So kann ich meinen beruflichen Werdegang nach und nach mit meiner persönlichen Weiterentwicklung in Einklang bringen.

Wie sieht’s mit Euch aus?

 

 

Ein Kommentar, sei der nächste!

  1. Mich stört das Wort „Karriere“ nicht. Und ich stimme Dir zu, dass es leider meistens als ein externer Maßstab für den beruflichen Werdegang genutzt wird. Allzu oft ist mit Karriere der Aufstieg in den Hierarchie-Ebenen gemeint. Vom Tellerwäscher zum CEO oder so.

    Du schreibst, dass wir oft gar nicht wissen, was wir wollen. Ich denke, wir haben einfach verlernt, genau DAS zu tun, was uns Spaß macht. In Berufsfragen geht es doch meist um die Frage, „ob man damit was werden kann.“ Das fängt schon bei der Berufswahl an. Und plötzlich wird der Beruf so etwas wie ein Identitätsnachweis. Wie oft wird gefragt, was man beruflich so macht. Ich erinnere mich allerdings nicht daran, dass ich jemals gefragt wurde, wer ich bin. 😉

    Ich glaube, dass wir mehr Mut haben dürfen, herauszufinden, was uns wirklich Spaß macht. Mut zu haben, einen Weg zu gehen, der halt nicht nur geradeaus „nach oben“ führt. Mut für eine interessante Karriere voller Spaß und Entwicklung statt dem äußeren Druck eines „vorbildlichen“ Berufsweges nachzugeben.

    Viel Spaß beim Gehen Deines Weges.

    Liebe Grüße, Silke

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